Akrobatikturnen: 11. World Age Group Competitions (WAGC), 23.-29. Juni 2021 in Genf
Knappe 0,21 Punkte fehlten für die Überraschung
Elias Spühler, Svenja Baumann
RLZ ZH / NSW Akro Team
Foto: Lyndsay Photography Genève
Am zweiten Tag der Qualifikationswettkämpfe der Altersklasse 12 bis 19 Jahre durften, die beide Zürcher Duos ihre Tempo Übung präsentieren. In dieser Übung wird der Fokus auf das Werfen und Fangen gelegt. Geworfen werden nicht etwa Gegenstände, sondern die Turnpartnerin, welche in der Luft Saltos und Schrauben turnen.
Bereits als zweite des Tages betraten Svenja Baumann und Elias Spühler die Wettkampffläche. Zu tragenden Klängen zeigten sie ihre Kür. Leider klappte gleich das erste Element, das Hochspringen von Svenja in Elias Hände nicht optimal. Gekonnt turnten sie weiter und Svenja zeigte einen gestreckten Salto mit einer Schraube. Bei diesem ersten Missgeschick beim Hochspringen und dem eigentlich leichtesten Element der Kür verloren die Beiden gemäss der Trainerin Nina De Schoenmacker etwas den Fokus, so dass sich beim Rest der Kür weitere kleine Fehler einschlichen. Am Ende wurde die Übung mit 24,070 Punkten bewertet. «Ich bin nicht so zufrieden, beim Einturnen ging alles viel besser», ärgerte sich Svenja Baumann direkt nach der Übung. «Wir waren heute zittriger als gestern», erklärte Elias Spühler. Ein Umstand den die Beiden sicher auch der noch fehlenden Erfahrung zu schreiben dürfen. So ein Grossanlass schreibt seine eigenen Regeln. Hinzu kommt vor allem, dass Svenja und Elias erst seit sechs Monaten in einer gemeinsamen Einheit turnen. Svenja turnte vorher in einem Trio. «Ich habe ihm schon vertraut, aber es ist halt schon etwas anderes, wenn plötzlich nur einer einem fängt, vorher waren es ja zwei», erklärte die 13-Jährige. Nina De Schoenmacker ist trotz der Patzer sehr zufrieden mit den Beiden: «Wir sind zwar noch hinten in der Rangliste zu finden, doch die Abstände sind deutlich kleiner geworden. Von verschiedenen Nationen wurde ich darauf angesprochen, dass wir grosse Fortschritte gemacht haben. Das stimmt uns alle sehr positiv. Wir sind ja noch im Aufbau!» Das Mixed Paar wurde am Ende im Mehrkampf (Balance & Tempo) 19. mit einem Total von 48,390 Punkten.
So hohe Punktzahl erreichte die Schweiz noch nie!
Raffaela Maurer, Sofie Stierli
RLZ ZH / NSW Akro Team
Foto: Lyndsay Photography Genève
Als letzte des Wettkampfes der Damenpaare 12-19 Jahre kam das Duo Sofie Stierli und Raffaela Maurer an die Reihe. Als sie die Bodenfläche betraten bestachen sie bereits mit einer unglaublichen Bühnenpräsenz, sie kokettierten regelrecht mit den Zuschauenden. Wie schon beim Zürcher Duo am Morgen glückte das erste Element nicht perfekt. Doch die beiden liessen sich nicht aus der Ruhe bringen und zeigten ihre Übung mit viel Charme. So zeigten sie unter andrem das Element Sprung zur Schwalbe (Bauchwaage) auf den Händen sicher und ohne Wackler, was Kenner der Szene überraschte, da das Duo im Training sonst hier oft Standfehler hatte. Freudestrahlend warteten sie zusammen mit Nina De Schoenmacker in der «Kiss & Cry-Zone» auf ihre Wertung. Als eine 25,600 aufleuchtete war die Freude riesig. «Ich bin sehr zufrieden mit unserer Leistung, nur schon auf diesem Boden zu stehen machte mich stolz», so die 13-Jährige Sofie Stierli. Raffaela Maurer bestätigt. «Ich bin extrem zufrieden. Eine solche Übung mit unserer Nervosität zu zeigen ist einfach schön», selbstkritisch fügte sie an: «gut ein paar Schritte weniger beim ersten Element hätten es schon sein können.» Am Ende erreichten sie im Mehrkampf Rang 14. Für den Finaleinzug der besten acht Nationen (im Final ist nur ein Duo je Land zugelassen) fehlten lediglich 0,21 Punkte. «Ich bin ehrlicherweise überrascht, dass wir so knapp am Finale vorbeigeschrammt sind. Ich bin sehr stolz auf die Mädchen», erklärte Nina De Schoenmacker. Als Trainerin in Deutschland trainierte sie schon mit mehreren Einheiten, die Finals an WAGC und WM’s erreichten. Für Nina De Schoenmacker war es jedoch die erste WAGC als Trainerin, den früher musste sie zuschauen, da der deutsche Bundestrainer vor Ort betreute. Nun konnte sie diese Rolle mit der Schweiz erleben: «Ich weiss was es bedeutet einen Final zu erreichen. Für mich war es eine Ehre für die Schweiz da zu sein, die Turnenden auf diesen Anlass vorzubereiten und sie vor Ort zu unterstützen», erklärte Nina De Schoenmacker. Sie gesteht auch, dass es sie sehr freut, wie nahe sie dem deutschen Duo gekommen sind. Sofie Stierli und Raffaela Maurer waren um nur drei Hundertstel hinter Deutschland klassiert.
Das Schweizer Team kann mit gutem Gefühl von der WAGC aus Genf abreisen, das Akrobatikturnen hat erneut einen grossen Schritt nach vorne gemacht. Seit 2020 ist Akrobatikturnen in der Schweiz anerkannten Swiss Olympic Sportart. Damit entstanden die ersten nationalen Kader, so dass die Athletinnen und Athleten Talent Cards bekamen und die ersten Turnerinnen in Swiss Olympic Sportschulen aufgenommen wurden. Erst seit fünf Wochen hat das Regionale Leistungszentrum Zürich in einer ehemaligen Tennishalle in Otelfingen eine eigene Infrastruktur gefunden. Was auch bedeutet, dass sie erst seit fünf Wochen regelmässig auf einem Wettkampfboden trainieren konnten. Vorher fand das Training in einfachen Schulturnhallen statt sowie ca. 1 Mal pro Woche konnten sie ins RLZ in Rümlang um bei den Kunstturnern zu trainieren. Wer Erfahrung im Turnen oder Tanzen hat, weiss wie unterschiedlich Absprünge und Landungen auf den verschiedenen Bodenmatten sind.
Am Freitag geht es mit den Wettkämpfen der Elite, den Weltmeisterschaften in Genf weiter. Cécile Schön und Dario Speidel (Akrobatikriege Winterthur) werden die Schweizer Farben vertreten.
Text: Renate Ried